Der Peterwitzer Pfarrer und der König

Der Peterwitzer Pfarrer spielte mit dem hiesigen Müller gern Karten, wobei auch Wein getrunken wurde. Er lebte „bez starości“ (ohne Sorge), was er auch auf dem Einfahrtstor aufschreiben ließ – obwohl französisch: „sanssouci“.

Der König von Polen, Johann III Sobieski, unterwegs zum Entsatz von Wien, welches von den Türken bedroht wurde, speiste zu Mittag im Ratiborer Schloss. Nachher übernachtete er mit seinem engen Gefolge im Gr.–Peterwitzer Schloss. Als der König an der Pfarrei vorbei fuhr, las er die französische Aufschrift und wurde zornig deswegen. Er ließ den Pfarrer zu sich rufen und sagte zu ihm: »Wenn Du keine Sorgen hast, da werde ich Dir welche bereiten. Wenn ich morgen vorbei komme, werde ich Dir drei Fragen stellen. Die erste Frage: Wie weit ist der Weg zum Himmel? Die zweite: Was bin ich, als König, wehrt? Und die dritte der Fragen: Was denke ich mir als König

Als das königliche Gefolge weg war, erzählte der Pfarrer das ganze Ereignis seinem Freund, dem Müller. Der sagte dem Pfarrer, er soll deswegen nicht besorgt sein: »Wenn der König morgen wieder vorbeikommt, lege ich Deine Soutane an und alles wird gewiss günstig verlaufen.«

Man nächsten Morgen legte der Müller eine Soutane an, der Pfarrer hingegen die Kleidung des Müllers. Der König mit seinem Gefolge kam an der Pfarrei vorbei und wandte sich an den Mann im geistlichen Rock. Er war überzeugt, mit dem Pfarrer zu sprechen und stellte ihm die erste Frage.

Der als Priester verkleidete Müller antwortete ruhig: »Ich soll sagen, wie weit der Weg zum Himmel ist. Also — als der Herr Jesus ans Kreuz geschlagen wurde, hangen neben ihm auch zwei gekreuzigte Räuber. Jesus sagte zu einem: „Mein Sohn, noch heute wirst Du mit mir im Paradies sein.“ Und das ereignete sich zur neunten Abendstunde. Daraus geht hervor, dass der Weg zum Himmel keine drei Stunden beansprucht.« Der König war von der klugen Antwort überrascht, und fragte mit freundlicherer Stimme: »Du hast Recht. Und wirst Du auch meine zweite Frage beantworten können — was bin ich, als König, wehrt?«

Der umgekleidete Müller antwortete: »Unser Herr Jesu war König aller Könige, und Judas hat ihn für nur dreißig Silberlinge verkauft. Ich denke also Eure Königliche Majestät können ein solch hohen Wert nicht haben.« Der König staunte über die kluge Antwort und sagte: »Ich gebe zu, von Dir einen solchen Scharfsinn nicht erwartet zu haben. Deswegen bin ich neugierig, wie Du mit der dritten Frage zurechtkommst? Woher kannst Du wissen, was ich, als König, mir denke?«

Der resolute umgekleidete Müller antwortete: »Eure Königliche Majestät denken, mit dem Pfarrer zu sprechen, nichtwahr?« Der König bestätigte. »Eure Königliche Majestät irren sich jedoch, denn ich bin der Müller, und der wahrhaftige Pfarrer steht in meiner alltäglichen Müllerkleidung neben mir!« Die List des Pfarrers und des Müllers gefielen dem König sehr. Beide Männer wurden vom König reich belohnt.

Nach: Janusz Nowak, Sobieski i odsiecz wiedeńska w podaniach śląskich, [in:] „Zeszyty Raciborskie »Strzecha«”, Nr. 1, Racibórz 1984, S. 116.

Der König von Polen, Johann III Sobieski, auf dem Marsch mit der polnischen Armee, zum Entsatz von Wien, übernachtete vom 24. zum 25. August 1683 im Schloss Gr.–Peterwitz, welches damals im Besitz der Familie Oppersdorff war. Das Mittagsmal im Ratiborer Schloss (am 24.8.1683) gab Reichsgraf Johann Wenzel von Oppersdorff aus [Anmerkung und Übersetzung: P. Newerla].